Es folgt ein Gastbeitrag von Oliver, in Logbüchern auch bekannt unter „doktorpepper“. Er ist 28 Jahre alt und wohnt in Stuttgart. Geocaching hat er seit April 2010 für sich entdeckt. Seine Webseite ist unter www.tippspielcorner.de zu finden.
Denken Auswärtige an Stuttgart, fallen ihnen oft als erstes Fernsehturm, Schlossplatz und Mercedes ein – doch die Schwabenmetropole hat noch viel mehr zu bieten. Zugegeben, durch die starke Zerstörung im Zweiten Weltkrieg gibt es sicherlich Großstädte in Deutschland, die mehr historische Bausubstanz haben und daher auch schöner sind. Trotzdem ist Stuttgart eine Reise wert – erst Recht für Geocacher.
Mit meinem Artikel möchte ich Lust wecken, die Hauptstadt Baden-Württembergs zu besuchen und mich an einem kleinen Reiseführer für Geocacher versuchen der zu interessanten und schönen Orten und / oder Dosen führt. Natürlich ist die Auswahl subjektiv und jeder Cacher würde andere Dosen empfehlen. Auch habe ich noch keine tausenden Funde und klettere auf keinen Bäumen und habe noch keinen wirklichen Lost Place besucht. Und es gibt auch für mich genug Dosen zu entdecken in und um Stuttgart, trotzdem habe ich schon genug Caches gefunden um genügend Dosentipps geben zu können, die Stuttgart-Touristen für eine Weile beschäftigen werden und einiges zeigen werden.
Die geografische Besonderheit Stuttgarts ist ohne Zweifel seine Talkessellage. Diese hat zur Folge, dass es in der Landeshauptstadt regelmäßig ein paar Grad wärmer ist als im Umland, was vor allem im Hochsommer aber auch durchaus lästig sein kann. Diesem Umstand verdanken die Stuttgarter auch ihre „Stäffele“: Die Stadt ist bekannt für ihre mehr als 400 Treppenanlagen, die zusammen eine Gesamtlänge von mehr als 20 Kilometern haben. Das macht eine Stadterkundung zu Fuß zum mühsamen und schweißtreibenden Vergnügen (nicht umsonst gibt es in Stuttgart eine von nur noch vier Zahnradbahnen in Deutschland), sondern entlohnt Einheimische wie Touristen mit unzähligen herrlichen Aussichtspunkten. Davon profitieren auch wir Geocacher, denn an vielen entsprechenden Punkten wurden bereits Dosen versteckt, die auch einheimische Cacher oft ihnen unbekannte Aussichtspunkte verraten. Einer meiner ersten Aussichtscaches war GC18608 am Aussichtspunkt St. Konrad der sich als einfacher (wenngleich nicht unbedingt zentraler) Einstieg anbietet.
Noch schöner und dazu absolut rollstuhltauglich ist der Aussichtscache „Ferdinands Balkon“ (GC10BFR). Wer ein Faible für Nachtfotografie hat findet hier einen guten Standort für seine Aufnahmen.
Einen anderen Blickwinkel auf den Talkessel bietet der Cache auf dem Birkenkopf (GC2E95N), der von den Stuttgartern aber nur Monte Scherbelino genannt wird. Der Berg ist mit seiner Höhe von 511 Metern über Normalnull die höchste Erhebung im inneren Stadtgebiet und ragt fast 300 Meter über das Niveau des Neckars. Seinen Namen im Volksmund hat der Birkenkopf aufgrund eines der dunkelsten Kapitel der deutschen Geschichte: Zwischen 1953 und 1957 gewann der Berg an rund 40 Metern Höhe, da er mit 1,5 Millionen Kubikmeter Trümmerschutt aus dem Zweiten Weltkrieg aufgestockt wurde. Auf dem Gipfel sind heute noch zahlreiche Fassadenreste zerstörter Gebäude sichtbar und sind so ein eindrückliches Mahnmal.
Einen Besuch lohnt auch die Wieland-Wagner-Höhe (GC22T18). Der dortige Cache kann als Drive-In mitgenommen werden. Bemerkenswert ist hier aber nicht nur die Aussicht ins Tal, sondern auch auf die andere Straßenseite. Dort befindet sich die gut bewachte Villa Reitzenstein. Wer Glück hat, kann den ersten grünen Ministerpräsidenten Deutschlands, Winfried Kretschmann, beim Spaziergang treffen, der in dem stattlichen Anwesen seinen Amtssitz hat, der auch aus der Stuttgarter Innenstadt gut zu sehen und an der wehenden Landesflagge erkennbar ist. Die Namensgeberin der Villa war eine steinreiche Verlegertochter, die in den Räumlichkeiten lediglich neun Jahre lang lebte. Ein bekannterer Namensgeber ist Robert Bosch. Auf dessen private Initiative aus dem Jahr 1915 geht das Krankenhaus zurück, das seinen Namen trägt und von der nach ihm benannten Stiftung betrieben wird. Auch von diesem Gebäude und seiner Umgebung hat man einen herrlichen Talblick. Von hier hat man einen guten Überblick über Bad Cannstatt mit der Mercedes-Benz-Arena und dem Volksfestareal Cannstatter Wasen. Der 25 Meter hohe Aussichtsturm Burgholzhof ist jedes Jahr ab Mai geöffnet. Dort befindet sich ein Cache (GCYE64), der das ganze Jahr über zu finden ist. In den Sommermonaten kann das unbeobachtete Loggen schwierig bis unmöglich sein!
Dabei will ich es mit der Aufzählung an „bedosten“ Aussichtspunkten belassen und mich Caches widmen, die durch einen besonderen Ort oder eine besondere Dose in Erinnerung bleiben. Beginnen möchte ich mit dem Cache „$chwabstraße“ (GC30TFN), der an der Grenze vom Stuttgarter Westen zum Süden zu finden ist. Gebildet wird die Grenze durch den Schwabtunnel, dem dieser Cache gewidmet ist. Von mir an dieser Stelle genannt wird der Cache, weil der Tunnel durchaus an Beachtung verdient, auch wenn es auf den ersten Blick nicht so scheint und vor Ort nichts die Besonderheiten hindeutet. Der Schwabtunnel wurde am 29. Juni 1896 eröffnet und war mit seinen 10,5 Meter Breite zu diesem Zeitpunkt der breiteste Tunnel Europas. Diesen Rekord hält er natürlich längst nicht mehr, aber manches ist dem Tunnel nicht mehr zu nehmen: Es war der weltweit allererste Tunnel, durch den jemals ein Automobil fuhr. Außerdem war er einer der ersten Straßenbahntunnels. Dieses Transportmittel fährt zwar bereits seit 1972 nicht mehr durch den Tunnel, doch auch heute erinnern noch die Aufhängungshaken für die Oberleitung noch an diesen Umstand.
Ebenfalls historisch ist die heute noch verkehrende Standseilbahn, die auf gut 500 Metern Strecke den Stadtteil Heslach mit dem Waldfriedhof verbindet. Obwohl braune Verkehrsschilder auf die historische Seilbahn hinweisen wird sie vorwiegend von Einheimischen als normales Verkehrsmittel genutzt und kann daher mit den normalen ÖPNV-Tickets benutzt werden. Durch ihr Fahrtziel, den Friedhof, haben sich im Volksmund auch die Bezeichnungen Erbschleicher-Express oder Witwen-Express etabliert. Die Bahn verkehrt alle 20 Minuten bei einer Fahrtzeit von 4 Minuten. Der dortige Cache (GC1B9N7) wartet nicht nur mit einem leicht zu findenden, aber originellen Versteck auf, sondern ist auch Teil der Nesenbach-Serie. Als Tourist wird man wissen, das Stuttgart am Neckar liegt. Dieser ist von der Innenstadt aber weit entfernt. Sehr zentral dagegen liegt der Nesenbach, den aber vermutlich kein Tourist zu sehen bekommt, da er schon lange unterirdisch kanalisiert wurde und so weiß auch heute kaum ein Stuttgarter, wo er denn wirklich verläuft. Die Nesenbach-Serie stopft diese Bildungslücke bei Einheimischen wie Touristen.
Auch der sog. „Traffic Counter Stuttgart“ (GC1JP6C) schult die Aufmerksamkeit von Fremden wie Einheimischen indem ein äußerst zentrales, aber unscheinbares Denkmal begutachtet werden muss, um die Finalkoordinaten zu ermitteln. Das Cache-Versteck ist alles andere als ein 0815-Versteck und so zentral, wie es nur geht. Die Besonderheit: Logbuch gibt es keines, man muss seinen Logstreifen selbst mitbringen. Der Owner leert den Cache monatlich und erstellt so eine Statistik, die im Listing veröffentlicht wird.
Eine schöne Dose, die bereits mit gut 100 Favoritenpunkten ausgezeichnet wurde, findet man auch in der Haußmannstraße im Stuttgarter Osten. Der Cache trägt den Namen „Immer Grün“ (GC2MCD0). Läuft man die Straße weiter kann man rechterhand nicht nur die schöne Aussicht genießen, sondern passiert auf der anderen Straßenseite die erste Waldorfschule der Welt, die von Emil Molt, dem Eigentümer der Waldorf-Astoria Zigarettenfabrik und Rudolf Steiner initiiert wurde. Einen entsprechenden Cache gibt es dazu leider (noch) nicht. Wer nun der Straße noch weiter folgt, kann nun den Weg nach rechts bergab einschlagen und auf einem der besagten Stäffele wieder die Innenstadt erreichen. Das Stäffele hat kurioserweise offenbar gar keinen Namen, was den Cacher „Wanderprofi“ dazu veranlasste hier einen (schön getarnten) Cache (GC2ZF6H) zu verstecken.
Wer denkt, dass Nano-Caches immer langweilig sein müssen, sollte eine Fahrt nach Stuttgart-Vaihingen machen (bitte nicht verwechseln mit Vaihingen / Enz, das ebenfalls im Stuttgarter Verkehrsverbund liegt). Der Cache „Schrottengel“ (GC1BQE7) hat zwar nur 56 blaue Schleifchen (eine Quote von rund 10%), wer in der Gegend ist sollte aber einen Abstecher machen. Obwohl die Dose nicht wirklich versteckt ist, ist sie dennoch recht gut getarnt… Da sich der Cache im Industriegebiet befindet eignet sich dafür ein Wochenendtag am besten.
Eine weitere Dose, die am besten per Auto zu erreichen ist, kann bereits über 300 Favoritenpunkte vorzeigen und eignet sich auch als Pausencache bei einer Autobahnfahrt auf der A8. Die Rede ist vom „TB Hotel AAcht für Groß und Klein“ (GC1CVB8). Der Cache ist alles andere als getarnt, was in Anbetracht der Lage aber nicht nötig ist. Dafür erwartet den Cacher ein mühevoll gestaltetes Versteck, das in Erinnerung bleiben wird. Ein Besuch ist absolut zu empfehlen! Nach oder bei Regenwetter empfiehlt es sich aber nicht mit den Sonntagsschuhen vorbeizukommen, da der Weg vom Parkplatz zum Cache dann sehr matschig sein kann.
Wer bereits die ganzen bisher genannten Dosen gefunden hat, wird sich nun über eine kleine Pause freuen. Dazu könnte man bspw. den Cache „Teestunde im Weissenburgpark“ (GC1D7AF) ansteuern. Von der Dose geht es noch wenige Meter bergauf zum sog. Teehaus, bei dem man in den Sommermonaten natürlich nicht nur Tee, sondern auch Kaffee und Kuchen oder kalte Getränke bekommt. Das Gebäude wird in diesem Jahr 100 Jahre alt. Das Innere ziert ein Deckengemälde von Julius Mössel im Rokokostil. Aufgrund der schlechten Parkplatzsituation bietet sich die Anfahrt mit den öffentlichen Verkehrsmitteln an (U-Bahn-Haltestelle „Bopser“).
Nicht jeder Tourist weiß, dass es sich bei Stuttgart auch um einen Kurort handelt. Dies trifft aber nicht auf das ganze Stadtgebiet zu, sondern nur auf den Stadtteil Bad Cannstatt, deutschlandweit vor allem für den VfB Stuttgart und das Volksfest auf dem Cannstatter Wasen bekannt ist. Der Multi-Cache „Cannstatts Quellen“ (GC15Q7E) führt den Cacher durch den Stadtteil von Quelle zu Quelle. Dabei erfährt der Interessierte nicht nur allerlei Interessantes zum Cannstatter Quellwasser, sondern kann dieses auch an jeder Station trinken und so die Unterschiede auch erschmecken. Es ist daher empfehlenswert, eine leere Getränkeflasche mitzubringen.
Auch als Einheimischer etwas Neues erfahren habe ich beim Cache „Zeichen der Erinnerung“ (GC12H4N). Der Cache bezieht sich auf eine Gedenkstätte, die mir bis dato nicht bekannt war. Hier soll der im Dritten Reich von Stuttgart aus deportierten Menschen gedacht werden. Die erst 2006 eingeweihte Gedenkstätte ist genau an der Stelle errichtet worden, von wo aus die Züge abfuhren, in denen vor allem Menschen jüdischen Glaubens in die verschiedenen Konzentrationslager der Nazis gebracht wurden. Die originalen Schienen und Prellböcke von damals sind noch heute erhalten, umrahmt von einem Weg und Wänden aus Beton. Der Besuch der Gedenkstätte ist bedrückend, aber lehrreich und informativ. Es ist wichtig, die Vergangenheit im Bewusstsein zu behalten und so ist es begrüßenswert, dass eine solche Gedenkstätte in Stuttgart eingeführt wurde, auch wenn dies doch sehr spät geschah. Die Gedenkstätte hat Öffnungszeiten; der Eintritt ist aber frei. Der Cache befindet sich außerhalb der Gedenkstätte und ist rund um die Uhr erreichbar.
Als letzte Stuttgarter Dose möchte ich den „1. Handycache“ (GC34QQM) erwähnen. Der Mystery-Cache ist vor allem aufgrund des Inhalts seiner Dose erwähnenswert, denn der Name ist hier Programm. Geloggt wird nicht in einem Logbuch, sondern per SMS. Sein Handy muss man dazu aber nicht mitbringen, das befindet sich in der Dose und verbleibt immer im Cache. Damit es dabei zu keinen Logpausen kommt ist jeder Cacher dazu angehalten, den Akku- und Guthabenstand in seinem Log zu nennen.
Zum Abschluss möchte ich aber auch noch zwei Caches erwähnen, die nicht in Stuttgart liegen, aber in der näheren Umgebung. Das ist zum einen der Cache „Zahlensender“ (GC39Z62) in Böblingen (in der Nähe der Autobahn), bei dem der Cacher in die Rolle eines Geheimagenten schlüpft und mit einem Radio zu bestimmten Uhrzeiten eine verschlüsselte Botschaft empfangen muss. Diese Art von Rätsel ist so viel ich weiß einmalig und verdient eine Erwähnung an dieser Stelle.
Der andere Tipp außerhalb Stuttgarts ist der kurze Mystery-Multi „Rund om de P-Zeh“ (GC3VNFD), der nicht nur mit einem Onlinerätsel PC-Wissen abfragt, sondern auch vor Ort ein wenig PC-Kenntnisse verlangt. So ist der Ratschlag des Owners im Listing berechtigt, dass man sich entweder mit Computern ein wenig auskennen sollte, oder eine entsprechende Person mitbringen sollte. In diese Auflistung geschafft hat es der Cache aber vor allem wegen seines thematisch absolut passenden Verstecks, das alles andere als eine gewöhnliche Dose ist. Mehr will ich dazu aber gar nicht verraten, um die Überraschung nicht vorweg zu nehmen.
Das soll es mal mit meinen Tipps für euren Cache-Urlaub in Stuttgart gewesen sein. Es gibt sicherlich noch viele Caches in der Schwabenmetropole, die man hier nennen könnte, aber Geschmäcker sind ja bekanntlich subjektiv und ich habe natürlich auch noch längst nicht alle Caches in Stuttgart gefunden. Falls ihr weitere Tipps habt, zögert nicht, diese per Kommentar unter diesem Artikel zu ergänzen! In diesem Sinne: Happy Caching!